Kraftplätze der Mongolei – Teil 1

von | Jun 16, 2020

Tipi-Owoos im Dardant-Tal

Warme Tage – Eiskalte Nächte

Zum zweiten Mal begaben wir uns 8.000 km weit in den Osten, in die Mongolei. Das Highlight dieser Reise war der Besuch eines Schamanen in den Tälern westlich von Chwösgol-See. Als Einstimmung folgten wir alten Spuren der Mongolia Ralley durch das Altai Gebirge. Schon zu diesem Zeitpunkt machte uns die Mongolei deutlich, was uns diesmal erwarten wird – eisige Winde, Schnee und Nachttemperaturen bis minus 15 Grad.

Piste durchs Altai-Gebirge
Schnee im Altai-Gebirge

Der Schamanismus im Untergrund

Der Schamanismus ist in der Mongolei sehr stark vertreten, es gibt dort auch für bereits gut ausgebildete Schamanen aus der ganzen Welt zahlreiche Weiterbildungen. Das war aber nicht immer so. In manchen Jahrzehnten überlebte der Schamanismus nur im Untergrund, das uralte Wissen wurde im Geheimen weitergegeben.

Das hat schon im 16. Jahrhundert mit der Verbreitung des Buddhismus begonnen. Ich war ganz erstaunt wie blutig die Bekehrung der Bevölkerung zum Buddhismus von statten gegangen ist, war ich doch der Meinung, der Buddhismus ist seit jeher eine friedliebende Religion. Auch in der Zeit des russischen Protektorates war bei hoher Strafe verboten, schamanistische Dienste anzubieten und Zeremonien durchzuführen.

Trotzdem hat der Schamanismus überlebt.

In der heutigen Zeit bekommt der Schamanismus verstärkten Zulauf. Auch in Europa ist der Trend stark im Wachsen. Es gibt zahlreiche Dokumentationen vor allem aus dem Gebiet im Norden der Mongolei, nahe dem Chwösgol See. Leider hat diese Aufmerksamkeit aber auch negative Auswirkungen. Manche Schamanen verkaufen sich und bieten Ihre Zeremonien nur mehr als Show gegen entsprechende Entlohnung an.

Schamane in der Mongolei

Wir wollten aber eine ursprüngliche Zeremonie, unverfälscht und rein erleben. Das ist für Europäer gar nicht so einfach. Entweder gerät man an eine „Show“ oder ein echter Schamane macht keine Zeremonie für Europäer in der Meinung, „wir können damit eh nichts anfangen“. Hier hat sich einmal mehr unser Freund Batzorig bewährt, der für uns einen Schamanen überzeugen konnte, uns zumindest einmal einzuladen – „…und dann sehen wir mal weiter!“.

Abwechslungsreiche Unendlichkeit

Das faszinierende in der Mongolei ist die Endlosigkeit der Landschaft und die Vielfalt im Detail.
3 Tage fährt man quasi durch ein gleichbleibendes Gebiet und doch ändert sich ständig die Darstellung. Die Piste ist meist sandig, aber hartgepresst, kein Weichsand – stellenweise fahren wir an kleineren und größeren Wiesenflächen vorbei, auf den die allgegenwärtigen Pferde grasen. Dann wieder säumten eingezäunten Weideflächen unseren Weg, auf denen das Gras in Ruhe wachsen konnte, um dann als Wintervorrat zu dienen. An den Ufern der relativ seichten Bäche haben sich vor allem Föhren und Kiefern ausgebreitet. Stellenweise ist der Sand zu kleinen Dünen zusammengewachsen. Und die Föhren scheinen direkt aus den Dünen zu wachsen. Im Norden erhebt sich an der Grenze zu Russland ein Gebirge aus dunklem Gestein, manchmal sind die Gipfel schon mit Schnee bedeckt. Und all diese eben beschriebenen Merkmale wiederholen sich in den unterschiedlichsten Kombinationen auf unserer Strecke von ca. 1200 km.

Pferde im Norden der Mongolei
Winterweide im Norden der Mongolei
Nadelbäume in den Dünen
Blick nach Russland

Drei außergewöhnliche Plätze

Die Jurte des heiligen Mannes

Auf dem Weg ins Dardant-Tal zu „unserem“ Schamanen möchte ich vor allem 3 Plätze hervorheben. In der kleinen Stadt Bayantes trinken wir Tee in einer Jurte. Unser Gastgeber ist ein heiliger Mann des Buddhismus.

Über ihn wird folgende Geschichte erzählt: Er hat so viele Mantras gebetet, so dass ihm schließlich ein zusätzlicher Zahn am Gaumen gewachsen ist, der dann mit der Zeit wieder verschwunden ist. Man mag jetzt von der Geschichte halten was man will. Entscheidend war aber seine Ausstrahlung, seine Ruhe, seine Gelassenheit. Wir haben uns zwar sprachlich nicht verstanden, aber die Atmosphäre in seiner Jurte hat eine unvergleichliche Ruhe über uns gebracht.

Buddismus – Alt-Tibetisch – Naturglauben

Auf einer Anhöhe gegenüber von Bayantes wurden Heiligtümer von 3 verschiedenen Kulturen errichtet. 

  • Stupa aus dem Buddhismus
  • Stein mit Alt-Tibetischen Schriftzeichen
  • Owoo in der Form eines Tipis, typisch für die Schamanen dieser Region
Der heilige Mann von Bayantes
Stupa bei Bayantes
Alt-Tibetische Inschrift
Kraftplatz in Bayantes

Das Owoo

Ich möchte noch einmal kurz das Owoo erklären, ein Heiligtum, das im buddhistischen Raum weit verbreitet ist. Am ehesten kann man es mit einem „Marterl“ bei uns oder einem Marabut im nordafrikanischen Raum vergleichen. Ein Owoo beginnt oft als kleiner Steinhaufen, manchmal ist er auch gemauert. Im Schamanengebiet wird das Owoo aus Holzstämmen in Form eines Tipis errichtet.

Ist man auf Reisen, so wird ein Owoo dreimal umrundet und bei jeder Runde eine kleine Gabe auf das Owoo hinterlegt. Das kann ein Stein sein, ein Gebrauchsgegenstand aus dem Alltag, ein Bild, Süssigkeiten, Mufflonhörner, Krücken oder ein paar Geldscheine. Oft werden auch bunte Bänder (meist blau) oder Gebetsfahnen an das Owoo gebunden. Dieses Ritual soll dem Reisenden eine gute Weiterfahrt bescheren oder man bedankt sich für ein überstandenes Unheil. Niemand kommt auf die Idee, etwas von dem Owoo zu entwenden, auch nicht das Geld. Das einzige was jemand mitnehmen darf sind die Gehhilfen. Die werden hinterlegt, wenn der Besitzer sie nicht mehr braucht und stellt sie damit einem anderen zur Verfügung.

Owoo am Paß
Gaben aus dem Alltag
Owoo in Tipi-Form
Gehhilfen auf einem Owoo

Der Hornbaum

Und der letzte Platz ist ein Naturheiligtum – ein in einem Baum eingewachsenes Horn. Um diesen Baum wurde ein halboffener Holzzaun aufgestellt. Weniger um den Baum zu schützen, als den Pilgern die Möglichkeit zu geben, ihre blauen Bänder irgendwo zu befestigen. Wir haben auch viele andere Bäume gesehen, die reichlich geschmückt waren. Aber der „Hornbaum“ ist schon etwas Einzigartiges.

Hornbaum bei Bayantes
Hornbaum Mongolei

Ein Abend in der Jurte

Zorig spricht gut englisch und deutsch und so konnte er uns die Lebensweise der Menschen wesentlich näher bringen, als man sie in den diversesten Kulturführern nachlesen kann. So ist es in der Mongolei üblich, dass Reisende an eine Jurte klopfen, um dort nach einem Platz zum Schlafen zu fragen. Sie können nicht nur übernachten, sie werden auch reichlich bewirtet. Denn kein Mongole schläft gerne alleine im Freien, er hätte zu viel Angst, dass ihm dabei etwas passieren könnte. Diese Gastfreundschaft wurde bereit von Dschingis Khan als Gebot eingeführt und hat bis heute nicht an Bedeutung verloren.

So kamen auch wir in den Genuss mit einer mongolischen Familie den Abend zu verbringen. 3 Jurten umfasste ein kleiner Familienklan, zu Hause waren nur die Frauen und Kinder. Die Männer waren mit einem Teil der Herden unterwegs. In der Jurte der „Oma“ verbrachten wir einige Stunden mit Essen und Trinken. Zum Abschluss wurde jedem ein Stamperl Wodka unter dem ein Geldschein lag, gereicht. Da Wodka grundsätzlich etwas Böses ist, sollen die Geister mit der Gabe des Geldscheins milde gestimmt werden, so die Tradition!

Jurten in der Mongolei
Milchverarbeitung

Morgendliche Yak-Milch

Zeitig in der Früh mussten die Yaks gemolken werden. Zunächst ließ man die Jungtiere aus dem Gehege. Sie liefen zu Ihren Müttern trinken. Eines der Jungtiere nahm man nach dem es genug getrunken hatte von der Mutter weg und melkte dann die Mutter nur ein wenig per Hand. Anschließend wurden beide gemeinsam in ein anderes Gehege geführt. Dann kamen die nächsten dran. Das wurde solange fortgesetzt, bis genug Milch für den heutigen Bedarf eingemolken wurde. Danach wird mit einem Eimer und einem flachen Schöpfer, verziert mit Tiermotiven, die Jurte umrundet. In jede Himmelsrichtung werden zum Dank an die Geister der Natur jeweils 3 Schöpfer Milch verspritzt. Viel zu früh mussten wir Lebewohl sagen. Zuvor erstanden wir aber noch frische Butter und Yoghurt im Tausch gegen eine Handvoll Süßigkeiten für die Kinder.

Yakjunges
Yak wird zum Melken gebracht
Melken eines Yaks
Verzierter Schöpflöffel

Danach machten wir uns auf den Weg nach Tulann Uul, um mit der Suche nach unserem Schamanen zu beginnen.

Fortsetzung folgt……

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