120 Grad Ost – Teil1

von | Jan 12, 2024

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120 Grad Ost
eine Expedition zum östlichsten Punkt der Mongolei

Prolog

Nachdem wir, Klaudia und Andreas Piskorz 2010 und 2014 Erfahrungen im Zentralmassiv, der Gobi, der Altai-Gobi, dem Altai-Gebirge und den Waldgebieten des Nordens gesammelt haben und Eindrücke von dem Leben der Nomaden und den Ritualen der Schamanen gewinnen konnten, wollen wir 2016 gemeinsam mit Martin und Ernst den äußersten Osten der Mongolei erkunden. Die Expedition 120 Grad Ost führt zum 120. Längengrad Ost im Nömrög Nationalpark. Dieser Teil der Mongolei ist nicht erschlossen und die Pflanzen- und Tierwelt konnte sich ohne äußere Einflüsse entwickeln. Wir wollen aber nicht nur über die einmaligen Eindrücke einer unberührten Natur in der fast menschenleeren Ostmongolei berichten, sondern wir zeigen auch die extremen Herausforderungen der Expedition selbst und die Vorbereitungen für eine Offroad-Expedition in ein nahezu unerforschtes Gebiet, worüber es kaum Informationen gibt. Welche Ausrüstung braucht man, wenn man in einem Gebiet, das 2-Mal so groß ist wie Österreich, keinem Menschen begegnet und bei einem eventuellen Notfall auf sich alleine gestellt ist. Und doch kommt es dann immer anders, als man es sorgfältig geplant hat…….

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Die Vorbereitung

Planung der Strecke

Unser Zielgebiet ist 3,5 Mal so groß wie Österreich und hat eine Bevölkerungsdichte von 0,65 Personen pro km². Gemeinsam definieren wir, was wir uns auf dem Weg in den Osten unbedingt ansehen wollen. Das ergibt eine grobe Strecke von 4.500 km, die Andreas mit Detailkarte und Satellitenbilder noch etwas verfeinert.

Wo gibt es Tankstellen, Wasser und Lebensmittel? Welchen Spritverbrauch erwarten wir aufgrund unserer Erfahrungen? Daraus ergeben sich dann in unbekannten Terrains der „Point Of No Return“.

Unsere Expedition teilt sich letztendlich in 3 Abschnitte.

  • Nordöstlich von Ulaan Batar das Khentii Gebirge
  • Die östlichen Ausläufern der Wüste Gobi im Süden
  • Entlang der chinesischen Grenze zum 120. Längengrad Ost, der auch der östlichste Punkt in der Mongolei ist.

Im Süd-Osten der Mongolei braucht man spezielle Bewilligungen und eine mongolische Begleitung. Zorig unser Freund aus der Mongolei hat es aber nach einem ¾ Jahr Verhandlungen geschafft, die Permits zu besorgen und wir dürfen diesen Abschnitt alleine bereisen.

Mongolei-120GradOst-Khentii
Mongolei-120GradOst_Gobi
MOngolei-120GradOst-Noemroeg

Die Fahrzeuge

Die Pisten in der Mongolei stellen extreme Herausforderungen an die Reisefahrzeuge. Ein besonderes Augenmerk in der Vorbereitung gilt daher dem technischen Zustand unserer Fahrzeuge, zwei Toyota Landcruiser, einem HZJ78 und einem KJ95.

Die hinteren Federn sind beim KJ95 bei der letzten Reise 4x gebrochen. Also bauen wir das härteste Fahrwerk, das es für dieses Modell gibt ein und verstärken die Tragkraft mit einer zusätzlichen Luftfederung um weitere 300 kg. Zusätzlich bekommt er eine massive Windenhalterung, um den Fahrzeugrahmen zu verstärken und das Lenkgetriebe zu entlasten. Auch darf eine starke Seilwinde nicht fehlen, da wir mit viel Schlamm und sumpfigen Boden rechnen.

Beim HZJ78 müssen wir das Gewicht auf der Hinterachse reduzieren und tauschen den schweren Zusatztank gegen einen leichteren Alu-Tank, der vor der Hinterachse speziell eingepasst wird. Wir zerlegen das Verteilgetriebe, eine bekannte Schwachstelle bei diesem Modell und stellen einen starken Verschleiß an den Hauptwellen fest. Sie werden wie auch die Kupplung durch speziell verstärkte Teile ersetzt, wiegt das Fahrzeug in der kompletten Ausrüstung ja doch ca. 3,5 Tonnen.

Auch die Innenausstattung wird an die speziellen Anforderungen angepasst. Der KJ95 bekommt einen größeren Wassertank, da speziell im Osten Brunnen nur sehr spärlich vorhanden sind.

Beim HZJ78 ist uns 2014 das Trinkwasser eingefroren, also müssen wir den Wassertank und die Heizleitungen der Standheizung so verlegen, dass wir das Wasser im Notfall erwärmen können.

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Mongolei_120GradOst_Fahrzeuge
Mongolei_120GradOst_Fahrzeuge

Einräumen

Wichtig – eine Checkliste.

Bergegurte, Schäkel, Umlenkrolle, GFK Board sowie Ersatzteile müssen in jedem Auto mitgeführt werden.  Reparaturmaterial, Werkzeug, Öle und Dieselreiniger teilen wir auf. Und dann müssen noch so Dinge wie: Foto und Videoausrüstung, Benzinkocher, warme Schlafsäcke, etc. Platz finden.

Probeausfahrt

Mit den fertig eingeräumten, Fahrzeugen geht es zum TESTEN nach Rumänien. Wir wollen überprüfen ob alle Umbauten funktionieren und auch sonst alles in Ordnung ist.

Am 14. August 2016 ist es endlich soweit. Andreas und Martin machen sich auf dem Weg durch Russland nach Ulaan Batar, die Hauptstadt der Mongolei.

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Die Reise

Das Treffen

Oasis – der Treffpunkt aller Globetrotter in UlaanBatar.

Auch unser Team vereint sich hier. Andreas und Martin holen Klaudia und Ernst, die Ende August mit dem Flugzeug nachgekommen sind, am 1. September ab.

Wir treffen uns mit Batzorig, der alle notwendigen Genehmigungen für den Weg entlang der chinesischen Grenze in den Osten besorgt hat.

Nach einer weiteren Nacht in UlaanBatar starten wir am 2. September in das Abenteuer 120 Grad Ost.

Mongolei_120GradOst_Treffpunkt
Mongolei_120GradOst_Genehmigungen

Abschnitt 1 – TESTEN

Wir wollen uns langsam an unser Ziel im Nömrög-Nationalpark herantasten. Der Schwerpunkt des ersten Abschnittes liegt im Testen: wie ist der Boden, wie sieht es mit dem Wasserstand aus, wie bewähren sich unsere Fahrzeuge und die Ausrüstung. Wir haben dazu die Gegend nordöstlich von Ulaan Batar gewählt.

Khentii Gebirge

Das Khentii Gebirge ist das Land von Temujiin, besser bekannt als Dschingis Khan.

Hier ist er als Nomade aufgewachsen, hier siedelten die Stämme, die der junge Temujiin geeint hat. Am Khökh Nuur, dem blauen See, wurde er zum Khan aller Mongolen ernannt. Dschingis bedeutet Ozean und steht für große Weisheit.

In diesem Gebiet sind vor allem die Burjaten, ein Volksstamm aus Sibirien angesiedelt. Bezeichnend für sie sind die Holzbauten, weshalb man hier auf mehr Holzhäuser als Jurten trifft.

Mongolei_120GradOst_DschinigsKhan
Mongolei_120GradOst_BlauerSee

Burkhan Khaldun – der heilige Berg

Unser nächstes Ziel ist der Burkhan Khaldun, der heilige Berg der Mongolen. Die Besteigung dieser spirituellen Stätte ist Nicht-Mongolen streng verboten, aber wir wollen zumindest einen Blick auf ihn werfen, seine Energie spüren.

Uns erwarten aber Regen, Nebel, Wind und Kälte – der blaue Wolf und die falbe Hirschkuh, die mythischen Urahnen Temujiins sind uns nicht wohlgesonnen.

Der letzte Posten warnt uns vor schlammigen Pisten und  Schneefall am Pass. Sie wollen uns nicht weiter fahren lassen.

Am nächsten Morgen verhüllen tiefe Wolken und dichter Nebel den Gipfel des Burkhan Khaldun und tatsächlich war ein Weiterkommen auf den sumpfigen Boden fast nicht mehr möglich.

Also kehren wir um und begeben uns auf den Weg zur Höhle Galtai Agui im Nordosten nahe der russischen Grenze.

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Furten

Die Landschaft wird hügelig und grün, das Wetter bessert sich, der Wasserstand der Flüsse bleibt aber extrem hoch. Zahlreiche Furten liegen auf unserem Weg, denn Brücken sind selten und oft hat ihnen die Witterung zu stark zugesetzt.

Die meisten Furten waren für unsere Fahrzeuge kein Problem.

Für manche sehr tiefe Überquerungen können wir auf die klassische Rollfähre umsteigen.

Nur in der Nähe von Binder haben wir keine Chance. Hier gab es aber nur die „mongolische“ LKW-Fähre, für die wir zu groß und schwer waren.

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Bayan Adrage – das Kloster der mongolischen Prinzessinen

Im Nordosten treffen wir auf einige Ansiedlungen.

Kurz vor Bayan Adrage gibt es eine interessante Klosteranlage, die zu Ehren der Töchter von Dschingis Kahn errichtet worden ist. Im Garten haben sich sogar ein paar Kühe gemütlich niedergelassen.

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Galtai Agui – die Suche nach einer Höhle

Vorbei an einer  Mineralquelle und durch einen Märchenwald beginnt die Suche nach der Höhle Galtai Agui, deren Gänge unterirdisch nach Russland führen sollen.

Nach einigen Kilometern Einsamkeit treffen wir auf eine kleine Holzhütte, 2 Frauen mit einem Baby wohnen dort. Wir bekommen Tee und Aufstrich serviert. Mit Händen und Füßen fragen wir nach der Höhle, wir haben verstanden: nach Westen, 5 km.

Nach ca. 5 km Richtung Westen finden wir einen netten Lagerplatz an einer Flußbiegung. Von einer Höhle fehlt allerdings jede Spur.

Am späten Nachmittag bekommen wir Besuch von mehreren Mongolen, der eine meint die Höhle ist 20 km entfernt, der nächste spricht von 40, der letzte schließlich zeigt uns eine mögliche Piste auf unserem NAVI: 25 km weiter auf der Piste, dann den Fluss durchqueren und danach 10 km nach Norden.

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Nebelschwaden steigen in der Früh auf und werden bald von der Sonne vertrieben. Wir folgen der Piste nach Westen und tastsächlich, nach ca. 25 km stehen wir vor einem Fluß, breit, langsam fließend, der Boden fest geschottert. Kein Problem – so dachten wir.

Wie meistens sind wir die Testpersonen.

Wir fahren diagonal mit der Strömung, vielleicht ein wenig zu weit links. Das Loch war nicht zu sehen, und die linke Seite neigt sich kurz vor der Ausfahrt bedrohlich Stromabwärts.

Die Ausfahrt loser als die Durchfahrt, da nutzt auch keine Sperre.

Also Zähne zusammenbeißen und ab ins hüfttiefe, kalte Wasser. Mit der Seilwinde zum nächsten Baum, zum Glück gibt es davon genug in dieser Region. Und so war die Ausfahrt kein Problem, den feinen Flußschotter zwischen den Blattfedern zu entfernen, war etwas mehr Arbeit.

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Dann kommt die Abzweigung nach Norden, 2 Männer arbeiten an einem Traktor. Wir bleiben stehen und bieten unsere Hilfe an. Sie wird gerne angenommen.

Klaudia wird währenddessen gleich von ein paar süßen Hunden in Beschlag genommen.

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Dann geht es weiter, die russische Grenze ist schon ganz nahe. Grenzposten gibt es hier keine, ebenso keinen Grenzzaun –wer verirrt sich schon hierher.

Die Piste endet auf einem Hügel und völlig unscheinbar, mitten in einem Abhang, sehen wir ein Loch im Boden – der Einstieg in eine Höhle, deren Schacht nahezu senkrecht abfällt. Ob das wirklich die beschriebene Höhle ist?

Klettergeschirr hatten wir natürlich keines dabei, aber Endlosschlaufen – ein geniales Teil – vielfach einsetzbar. Andreas bastelt sich einen Sitzgurt. Wir bringen den HZJ in Stellung, Gurt an der Seilwinde einhaken und dann geht es abwärts.

Originalton Andreas:

Nach ca. 20 Meter baumle ich in der Luft, ein tiefschwarzes Loch unter mir. Ich lasse einen Stein fallen. Er fällt und fällt und fällt – kein Aufschlag war zu hören.

Auch mit meiner sehr starken Stirnlampe kann ich den Schacht nicht ausleuchten. Ein mulmiges Gefühl überkommt mich.

Zum Glück bedient Klaudia die Seilwinde – sie wird schon gut auf mich aufpassen.

Bei dem Versuch ein paar Fotos zu schießen, beginnt der Gurt über die Schulter nach außen zu rutschen. Es reicht – ich gebe das Kommando zum Aufstieg und war froh, als ich wieder festen Boden unter den Füßen hatte. Aber gelohnt hat sich die Fahrt hierher auf jeden Fall!

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Nach dieser Aktion verabschieden wir uns aus dem Land wo Dschingis Khan geboren wurde und wo er begraben sein soll. Wir lassen die Berge hinter uns und über mühsames Wellblech geht es durch weite Ebenen nach  Öndhörkhan. 7 Tage und 1.500 km haben wir zurückgelegt und nun können wir unsere Vorräte auffüllen und uns auf den nächsten Abschnitt vorbereiten.

weiterlesen im Teil 2

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