Mit dem Hundeschlitten über die Dünen Tunesiens
Sand, Sand, Sand so weit das Auge reicht. Eine ungewöhnliche Karawane zieht über den Hügelkamm. Eine alte Pulka (ein Vollschalen-Hundeschlitten), 3 Samojeden (sibirische Schlittenhunde) und 4 Hirten (Klaudia, Andreas, Boris und Ju) machen sich auf, um die Sahara zu Fuß zu erleben.
Andreas als Führer voran, gefolgt von den beiden 5-jährigen Hundegeschwistern „Myra“ und „Nanuk“ eingespannt in der Pulka. Dunja, die Mutter der beiden ist mit ihren 13 Jahren schon in Hundeschlittenpension und trottet hinterher. Ich folge dem Tross, um bei schwierigen Sandpassagen zu helfen.
Der Zauber der Sahara erleben
Wir nehmen uns 3 Tage Zeit, nicht weil die Strecke so weit oder der Weg so schwer ist. Vielmehr wollen wir den Zauber der Sahara spüren, eintauchen in das Leben ohne Zeit und Grenzen.
Die Karawane startet beim Cafe du Desert, südlich von Douz, an der Pforte zur Sahara. Das Ziel ist ein altes Brunnenhäuschen namens „Bir Gif el Boum“ inmitten einer sehr schönen, zerklüfteten Dünenlandschaft auf dem Weg nach Ksar Ghilane.
40 Liter Wasser und gute Schlafsäcke
Unsere 2 Samojeden sind, seitdem sie mit 3 Monaten das erste Mal in Marokko waren, mit Sand vertraut. Fast mehr als mit Schnee. Was liegt also näher als mit ihnen eine Tour durch den Sand zu machen. Da der Brunnen kein Wasser führt, müssen wir Wasser für 3 Tage mitnehmen.
Temperaturen von ca. 20-25 Grad tagsüber sind für die schwere Arbeit, die unsere Hunde leisten, relativ hoch. So rechnen wir mit ca. 40 L Wasser.Die restliche Ausrüstung muss daher relativ leicht und klein vom Packmaß sein. Sie muss aber die Besonderheiten des Klimas in der Wüste aushalten. Die Nächte werden kalt sein und die Feuchtigkeit, die sich am Schlafsack bildet, ist sehr hoch. Eine ordentliche Unterlagsmatte und ein guter Schlafsack genügt aber, auf das Zelt können wir verzichten.
Zusätzlich nehmen wir noch einige Kilogramm Mehl, Gewürze, Eiern und Bohnen und (wer mich kennt) jede Menge Tee und Zucker mit. Ein kleiner Gaskocher als Reserve, in der Hauptsache wollen wir am Feuer kochen. Trockenes Holz ist nicht so schwer zu finden und mit dem Zündstahl auch leicht anzuzünden.
Pausen bestimmen unsere Zugtiere
Nach einer kurzen Routenbesprechung werden die Kompasse und eine Karte verstaut und los gehts. Hochmotiviert marschieren die Hunde los. Da der Schlitten doch sehr schwer ist, helfen wir abwechselnd beim Ziehen indem wir uns mit einspannen. Die Strecke über den ersten Dünenriegel ist nicht besonders anspruchsvoll. Da es vor kurzer Zeit viel geregnet hat, ist der Sand auch relativ hart, wodurch das Gehen leichter wird.
Wir entdecken das „Leben der Sahara“: Spuren von Spinnen und Käfern, die Bauten der Wüstenspringmäuse und „Mulla Mullas“ (Weißpürzelsteinschmätzer – kleiner schwarzer Vogel mit einem weißen Pürzel) begleiten uns. Überall wächst Gras oder es blühen kleine Pflanzen. Die überwätigende Landschaft lässt uns bald die Zeit vergessen und wir sind bereits einige Kilometer in unwegsamen Gelände unterwegs, als die Hunde ihre erste Trinkpause einfordern. Alle 2 Stunden bekommen die Tiere Wasser, um ihren Kreislauf stabil zu halten.
Der erste Dünenriegel liegt vor uns
Am Nachmittag steigen wir in die ersten Dünen ein, wo es gleich einmal ziemlich steil bergauf und bergab geht. Um über den Riegel zu kommen, sind ca. 50 Höhenmeter mit zahllosen Dünenkesseln aus weichem Sand zu überwinden. Jetzt wird sich zeigen, ob das Gespann mit „Schlitten“ und 2 arbeitenden Hunden funktioniert.
Und wie geht es der alten Dame Dunja? Nach einer anfänglichen Eingewöhnungsphase hat sie sich gut erfangen und marschiert voller Freude wie ein Uhrwerk.
Brot und Tee – unser Nachtmahlessen
In der letzten Stunde unseres Tagesmarsches sammeln wir Feuerholz, abgestorbenes und totes Holz. Das Holz in der Wüste ist völlig ausgetrocknet, brennt leicht und lang und gibt viel Hitze ab. An den südlichen Ausläufern der Dünen schlagen wir unser Nachtlager auf. Ein kleines Feuer reicht für unser Nachtmahl: guten arabischen Tee, gebackenes Brot mit Harissa, einem arabischen, scharfen Gewürz. Das Brot bereiten wir nach Touareg-Art zu, sowie wir es anno dazumal auf unseren ersten Reisen in Algerien gelernt haben.
Mehl und Wasser zu einem Teig kneten, würzen, einen Fladen machen und im Sand unter die Glut schieben. Einmal wenden und fertig ist es.
Tipp: Diese Art der Zubereitung funktioniert nur mit Mehl aus dem Lande. Unser Mehl ist zu feucht dafür, der Sand bleibt darauf kleben!
Im Sand sitzend genießen wir die Stille der Wüste. Da es in der Wüste nach Sonnenuntergang rasch kalt wird und wegen der hohen Feuchtigkeit des Sandes sofort alles mit Tau überzogen ist, legen wir uns bald aufs Ohr.
Streik am Morgen
Unser Lebensrhythmus hat sich bereits dem Atem der Sahara angepasst. Mit den ersten Sonnenstrahlen klettern wir aus den Schlafsäcken, die mit Reif und Sand bedeckt sind. Die Sonne trocknet unsere Ausrüstung schnell und nach dem morgendlichen Tee sind wir bald wieder zur Abreise fertig.
Während unsere alte Dunja voller Tatendrang weitermarschieren will, streikt Nanuk. Als kräftigster wird er direkt an die Pulka gespannt und muss die meiste Zugarbeit leisten. Nach ein wenig Überreden und einigen Leckerlis geht es aber weiter und gegen Mittag erreichen wir unser Ziel, den Bir Gif el Boum. Das alte Brunnenhäuschen ist gut erhalten, im Inneren befindet sich ein kleiner Ofen.
Nach einer ausgiebigen Rast im Schatten des Brunnens mit einer Jause und Tee brechen wir am frühen Nachmittag zum Heimweg auf. Der Schlitten ist bereits merkbar leichter und wir brauchen nicht mehr so viel mitzuhelfen. Jetzt in der Mittagshitze ist der Sand aber viel weicher und das Gehen wird mühsamer.
Begegnung zweier Karawanen
Und dann hatten wir eine tolle Begegnung. Eine Karawane war mit 10 Dromedaren und 3 Kamelführern auf dem Weg nach Ksar Ghilane. Sie staunten nicht schlecht über unsere Karawane, Hunde als Lastentiere war für sie bis dahin unvorstellbar.
In einem stark bewachsenen Qued schlagen wir unser Lager auf. Zuerst werden die Hunde mit Wasser versorgt, dann bereiten wir ein frühes Nachtmahl zu. Nach einem weiteren eindrucksvollen Sonnenuntergang machen wir uns für einen Nachtmarsch fertig. Wir haben zwar einen Kompass mit, lassen ihn aber eingesteckt und versuchen ohne Hilfsmittel zu navigieren. Es ist schon fast Vollmond, doch der Himmel ist stark bewölkt. So ist die Orientierung ohne GPS und Kompass doch relativ schwer. Für die nächsten 3 Stunden folgen wir, mit Stirnlampen bewaffnet, Myra unserem Leithund, die zielsicher den Weg nach Norden, wo unser Ausgangspunkt liegt, findet. Gegen Mitternacht machen wir Schluss und begeben uns für den Rest der Nacht in unsere Schlafsäcke.
Am nächsten Morgen ist es bewölkt und frisch. Wir sitzen bereits beim Feuer und unserem Tee, aber Myra schläft noch tief und fest. Auf zur letzten Etappe. Wir treffen auf Ziegenhirten, die uns eine Weile ungläubig begleiten. Etwas abgekämpft erreichen wir am frühen Nachmittag wieder das Cafe Port du Desert, den Ausgangspunkt unserer Tour.
Langsam reisen
lässt die Seele Schritt halten
Wieder einmal durften wir „….eine goldene Stunde der Wüste“ erleben.
Ohne Auto dauert es zwar länger bis man am Horizont angekommen ist, dafür hat man die Gelegenheit die Vielfalt des Lebensraumes Sahara zu genießen.
Nicht umsonst heißt es:
Langsam zu reisen hat den Vorteil, dass die Seele Schritt halten kann.